Diagnostik des Prostatakarzinoms

Der Weg zur Diagnose

Beim Prostatakarzinom wird das gemacht, was in allen anderen Bereichen der Medizin
undenkbar wäre.

Der PSA wird bei Männern über 45 abgenommen, um einen Hinweis auf ein Prostatakarzinom zu erhalten. Auch die rektale Untersuchung kann Hinweise auf ein Prostatakarzinom geben.

Warum formulieren wir das so vorsichtig?

Weil beide Untersuchungen lediglich Hinweise geben. Letztlich sagen beide Untersuchungen nur: „Da stimmt was nicht!“ Beide Methoden können auch aufgrund anderer Veränderungen der Prostata auffällig sein. Auch eine deutlich vergrößerte Prostata kann den PSA erhöhen, ohne in den folgenden Untersuchungen ein Prostatakarzinom zu finden. Jede Veränderung an der Prostata sowie jede Reizung kann den PSA erhöhen. Mehr zum PSA findest Du hier. Sobald der PSA über 4ng/ml steigt, oder sprunghafte Änderungen zeigt, empfiehlt Dein Arzt eine Biopsie.

Biopsie beim V.a. ein Prostatakarzinom

Es ist richtig, die einzige Möglichkeit ein Prostatakarzinom mit letzter Sicherheit zu diagnostizieren, ist die Biopsie. Sie wird auch entsprechend der S3 Leitlinie empfohlen. Die Biopsie kann auf zwei Wegen erfolgen. Entweder durch den Darm (transrektal), oder durch den Damm (perineal).

Bei Sicherung des Prostatakarzinoms über den Darm wird das Stanzgerät zusammen mit dem Ultraschall in den Darm eingebracht. Dann schießt der Arzt nach oben durch den Darm in die Prostata. Dadurch kommt es zu einer Verschleppung der Keime aus dem Darm in die Prostata. Diese Keime gehören dort nicht hin. Unbehandelt kommt es zu einer Prostatitis. Deshalb erhalten alle Patienten nach der Biopsie ein Antibiotikum. Damit soll die Prostatitis verhindert werden. Jedoch nur, wenn Du das richtige Antibiotikum erhältst und das auch lange genug einnimmst. Der Weg über den Darm ist sonst der Beginn einer chronische Prostatitis sein.

Die Biopsie über den Damm ist auch möglich. Sie erfordert aber einen größeren Aufwand und sie ist schwieriger. Der große Vorteil ist der sterile Weg. Hierbei wird nur die Ultraschallsonde in den Darm eingeführt. Darüber erhält Deine Arzt das Bild. Das Biopsiegerät wird dann über den Damm unter örtlicher Betäubung eingebracht. Der Damm ist das Areal zwischen Hodensack und Anus. Dieser Weg ist also steril. Der Darm wird hierbei nicht geschädigt. Deshalb ist bei der Biospie über den Damm kein Antibiotikum notwendig.

Bleibt die Biopsie ohne Erfolg, soll nach der oben genannten S3 Leitlinie eine MRT der Prostata erfolgen. Hier die vertiefende Kritik zur Biopsie.

Risiken der Biopsie

Die Biopsie ist ein Eingriff. Vor dem Eingriff muss immer eine Aufklärung erfolgen. Diese Aufklärung muss Risiken realistisch bewerten und muss ebenso alternative Möglichkeiten aufzeigen.

Die Risiken sind:

  • Blutungen
  • Infektionen,
  • Schädigung von Nerven, Darm oder Blase
  • Impotenz
  • Inkontinenz
  • notwendige Operation und sogar
  • Tod

Der Arzt sollte schon im Vorfeld abwägen, ob das Risiko einer Biopsie mit deren Nutzen im richtigen Verhältnis steht.

Kritik
Wie halten also fest:
Ein erhöhter PSA muss nicht durch ein Prostatakarzinom bedingt sein. Es gilt daher andere Diagnosen auszuschließen welche ebenfalls zu einem erhöhten PSA führen. Beispiele sind die Prostatitis oder die BPH. Um diese beiden Diagnosen zu sichern oder auszuschließen braucht es aber keine Biopsie. Eine MRT vor der Biopsie würde diese Diagnosen sicher ausschließen oder bestätigen. Darüber hinaus würde die MRT auch noch den Bereich zeigen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit bösartig ist.  An diesem Punkt, wenn also mittels MRT die Prostatitis ausgeschlossen und das Prostatakarzinom wahrscheinlich ist, hilft wirklich nur die Biopsie zur endgültigen Sicherung der Diagnose. Die Leitlinie gibt also ein Verfahren (die Biopsie) mit allen Risiken zu einem Zeitpunkt vor, an welchem es noch gar keine Notwendigkeit dafür gibt. Man könnte also viele Biopsien einsparen ohne Verschlechterung des Vorgehens oder der Aussagekraft. Man bräuchte nur die Reihenfolge zu ändern! „Ein Schelm wer Böses dabei denkt!“

Dein PSA ist also zu hoch und Dein Arzt möchte wissen, ob die Ursache ein Prostatakarzinom sein könnte. Das ist verständlich und auch richtig. Denn es ist bekannt: Zellen eines Prostatakarzinoms produzieren 10x soviel PSA wie gesunde Zellen der Prostata. 

Vorgehen bei V.a. ein Prostatakarzinom

Leitliniengerechtes Vorgehen:Logisches Vorgehen:
PSA erhöhtPSA erhöht
Verdacht auf ein ProstatakarzinomVerdacht auf ein Prostatakarzinom
12x Stanzen durch den Darm ohne vorherige Lokalisation und GrößenbestimmungMRT zum Ausschluss einer BPH oder einer Prostatitis (welche den PSA ebenfalls erhöhen)
Bei verfehltem 12x Schuss durch den Darm in die Prostata folgt dann die BildgebungBei karzinomtypischem Befund kann dieser im MRT lokalisiert und vermessen werden.
MRT um zu bestimmen, gibt es ein Ziel?Beschreibung einer Überschreitung der Kapsel
Und wenn es ein Ziel gibt, wie groß ist dieses, und wo liegt es.Beurteilung der Lymphknoten in der Umgebung
Dann erneute und gezielte BiopsieDann erfolgt die gezielte Biopsie
Gegenüberstellung von leitliniengerechtem vs. logischem Vorgehen bei V.a. Prostatakarzinom

Biopsiebefunde und ihre Aussagekraft

Die wissenschaftlichen Experten auf Prostata.de schreiben dazu:

(Zitat): „Die Gewebeproben werden aufgearbeitet und von einem Pathologen mit dem Mikroskop histologisch (feingeweblich, s. Histologie) untersucht. Bei krankhaften Veränderungen (positive Biopsie) kann er deren Art bestimmen und den Tumorzellen einen Grad der Malignität (Bösartigkeit) (s. hierzu Klassifikation des Prostatakarzinoms) zuordnen. Zudem sind Rückschlüsse auf die örtliche Ausdehnung möglich, wenn bekannt ist, wo die einzelnen Proben entnommen wurden.

Die Aussagekraft des histologischen Befunds wird eingeschränkt von der Tatsache, dass die Biopsie immer nur Teile der Prostata erfasst. Deshalb lässt sich zum Beispiel bei einer positiven Biopsie erst nach einer Operation anhand des gesamten entfernten Gewebes sicher beurteilen, wie weit sich ein Prostatakarzinom ausgebreitet hat.

Ist hingegen kein krankhaftes Gewebe nachweisbar (negative Biopsie), so kann dies bedeuten, dass tatsächlich keines vorhanden ist (richtig negatives Ergebnis), oder aber, dass es nicht getroffen wurde (falsch negatives Ergebnis). Die Biopsie kann also ein Prostatakarzinom nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen.“

Kritik:

Das heißt als Fazit: Trotz PSA Wert, Abtastung und Biopsie – keine sichere Diagnose auf das Vorhandensein eines Prostatatumors. Erst nach einer Operation wäre eine sichere Diagnose möglich. Verkehrte Welt, wenn die OP vor der Diagnose kommt. Es gibt Möglichkeiten die Diagnose eindeutig zu stellen und mit der einmaligen Biopsie zu bestätigen. Wer auf der Suche nach Beispielen für Überdiagnose und Überbehandlung zum Nachteil des Patienten ist, wird hier fündig.

Der Gleason Score

Was ist er?

Der Gleason-Score ist eine Einschätzung von Prostatagewebe durch den Pathologen. Die Einschätzung betrifft den Grad der Entartung. Am besten stellt man sich diese Gradeinteilung, wie das Zimmer Deiner Kinder vor. Manchmal machst Du die Türe auf und Du erkennst es ist ein Kinderzimmer. Nichts liegt auf dem Boden, die Bücher sind im Regal, die Legosteine in der Kiste, die Matchboxautos nebeneinander aufgereiht. Die Stifte sind alle gespitzt in der Federmappe – also Grad 1. Alles bestens. Das andere Extrem kennt jeder der schon mal ein Kinderzimmer betreten hat. Also Grad 4.
Die Entwicklung von gesundem Gewebe hin zu einen Prostatakarzinom ist nicht zwangsläufig sprunghaft, und es können mehrere Grade nebeneinander vorkommen. Es gibt auch unterschiedliche Ausprägungen wie weit das bösartige Gewebe von gesundem „entfernt“ ist. Diesen Grad der Entartung beschreibt der Gleason-Score. Damit einhergehend gibt er auch eine Einschätzung wie „gefährlich“ das Prostatakarzinom ist.

Warum 2 Zahlen?

Die Befunde des Pathologen geben immer 2 Zahlen an: Gleason-Score 3+3=6 oder 5+4=9.
Mit Hilfe dieser beiden Zahlen kann der Pathologe eine Aussage treffen welcher Malignitätsgrad wie häufig vorkommt.
Die erste Zahl gibt an welcher Entartungsgrad am häufigsten vorkommt.
Die zweite Zahl gibt den höchsten Grad der Entartung an, auch wenn dieser nur zu einem sehr geringen Prozentsatz vorkommt.

Am Beispiel Kinderzimmer:
Du hast 6 Kinder. 5 Deiner Kinder sind ordentlich, also Grad 3. Und Du hast eine „Wildsau“, also hat das Kinderzimmer einen Ordnungsgrad 5. Das ergibt einen Gleason Score von 3+5

Kommt also in vielen Teilen der Biopsie eine niedriger Entartungsgrad vor, z.B. 3 steht dieser Teil an erster Stelle. Und dann kann es sein, dass nur an einer Stelle ein höherer Entartungsgrad vorkommt, also z.B. 4. Dann lautet der Gleason Score 3+4=7. Dann ist die Sache noch „relativ entspannt“.
Wenn allerdings der am häufigsten vorkommende Grad schon 4 ist, dann muss der höchste auch 4 oder 5 sein. Also Gleason Score 4+5=9, dann ist schon mehr Hirnleistung in die Therapie zu stecken.

Was sagt er?

Der Gleason Score trifft noch keine Aussage über eine Therapie. Bei niedrigen Gleason Scores kann überlegt werden, ob man das Geschehen überwacht – also watchfull waiting.
Dies kann auch bei hohen Gleason Scores überlegt werden, wenn die Lebenserwartung gering ist, und der Tod vermutlich durch ein anderes Ereignis früher eintritt als durch den Tumor.

Sollte allerdings eine hoher Gleason-Score bei jungen Patienten eintreten, dann sollte nicht nur gewartet werden.

Weitere Information folgt.

Um zu erfahren warum dies so ist, ließ über die Therapie des Prostatakarzinoms weiter.